Der Riesenochse
Das war zur Zeit des Riesenviehs und der Riesenobstes. Ein Bauer rühmte sich vor den Meistern der Metzgerzunft zu Zürich, er wolle einen Ochsen nach der Stadt bringen, der so gross sei‚ dass er nicht durch den Eingang des Schlachthauses hindurch gehen könne. Die Metzger versprachen ihm, diesen Stier doppelt mir geschenktem Fleisch aufzuwiegen, wenn sie ihn zu sehen bekämen.
Als nun das Bäuerlein wirklich mit dem Weltsochsen daher zog, war die Freude und Verwunderung der Metzger viel grösser als der Verdruss über ihren Schaden. Sie gingen dem Wundertier vor das Tor entgegen und führten es in festlichem Zuge durch die Stadt. Auf der hölzernen Limmatbrücke bezeigte der gefeierte Stier Durst. Er bog den Kopf über das Geländer hinunter und soff so gemütlich, ohne den Hals allzusehr auszurecken, aus dem FIuss. Beim Schlachthaus angelangt, musste man ihm erst von jedem Horn drei Fuss absägen, um ihn hineinzubringen. Nachdem er aber geschlachtet war, wurde aus dem „Netz“ zwischen Meilen und dem andern Ufer eine Brücke über den See gespannt und aus der Milz eine zweite in der Stadt selbst vom Gasthof zum Storchen quer über die Limmat hinüber. Noch zu Menschengedenken hat die Zürcher Metzgerschaft mit dem Osterochsen alljährlich eine Umzug durch die Stadt gehalten.
Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee
Wörtlich aus Büchli, 3, S. 37. Seine Quelle: Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen der Schweiz, 2. Aufl., 1872, Nr. 34
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.