Oberhalb Wettingen soll ein Drache seine Höhle gehabt haben; sie ist unzugänglich, und man weiß daher nicht, ob er wohl jetzt noch drinnen wohnt. Man behauptet aber, ihn noch vor einigen Jahren gesehen zu haben. Es werden ihm Flügel zugeschrieben, und wenn er durch die Lüste fliege, soll er mit dem Feuer, das er ausspeit, die Gegend in einem weiten Umfange erleuchten. Die Bevölkerung um Gansingen im Frickthale pflegt Kometen und Drachen für ziemlich gleiche Dinge anzusehen und behauptet auch, eines Drachen Erscheinung deute wie die eines Kometen auf Sterben und Krieg. Zum Dorfthier verallgemeinert, findet sich der Drache so ziemlich noch in jeglicher Ortschaft besonders und mit seinen eigenthümlichen Ortshistorien vor. Dann aber hat es das Unthier mit jedem Drachen anderer Sagen gemein, daß es gemeiniglich nur im Dorfbache lebt, daß seine Augen die Größe von Pflugrädern oder Fleischtellern haben, sein Leib die Länge eines Bindbaums, daß sein Blick leuchtet gleich Kirchenfenstern und Chaisenlaternen, und sein vorgequollenes Auge Verglichen wird einem Strang aneinander geknüpfter Marktzwiebeln. Diese Vorstellung hat sich schon längst in der Volksrede stabil gemacht und ist in Kalenderreime übergegangen. Das Dorfthier hat z. B. bei Rud. Wyß, Schweiz. Idyllen 1, 197: Augen, wie ein Wagenrad, Stacheln auf dem Rückengrat.
Band 2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau, 1856, Seite 2
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.