Warum es zum heiligen Abend süssen Brei gibt

Land: Bosnien und Herzegowina
Region: Bosnien
Kategorie: Novelle

Ein Mann hatte zwei Töchter. Und er war schwerreich. Die eine Tochter heiratete einen ebenfalls sehr Reichen, und die andere wollte einen Armen heiraten, allein der Vater wollte es ihr nicht erlauben. Aber gerade den hatte sie lieb gewonnen und heiratete ihn doch. Sie lebten sehr dürftig. Die anderen dagegen lebten üppig, nur das Zusammenleben war nicht gut. Sie schlugen sich, stritten, und was noch alles sich bei ihnen zutrug!

Als der Heilige Abend kam, wurde der Vater sehr neugierig, wie sie das Nachtmahl halten würden: wie die einen und wie die anderen. Zuerst ging er zu der Tochter, die mit dem Reichen verheiratet war. Dort wurde so viel aufgetragen, dass nicht alle Speisen auf dem Tisch Platz fanden. Aber was hatten sie davon! Sie begannen zu streiten. Sie waren mit dem Mahl noch nicht fertig, da begannen sie zu raufen. Der Vater sagt: «Jetzt gehe ich zu der armen Tochter und schaue, was die Armen machen, wie es bei denen zugeht.»

Er ging hin. Die Armen setzten sich hin. Sie hatten ein wenig Kutja gekocht, die assen sie nun. Sie hatten noch ein wenig Borschtsch, auch den assen sie. Dann sagt sie: «Weisst du, Mann! Einst hat meine Mutter am Heiligen Abend immer einen süssen Brei gekocht. Es gab viele Speisen, und zum Schluss gab’s den süssen Brei. Aber den können wir nicht beibringen, stattdessen lass uns küssen!»

Dem Vater gefiel es sehr, dass bei dieser Tochter das Leben so einträchtig verläuft, und er nahm die beiden bei sich auf.

Seit der Zeit kocht man am Heiligen Abend den süssen Brei. So hat mein Vater noch in Lisnja immer erzählt. Er sagte, das geschehe, damit man einander liebe. Den Brei gab’s als letzte Speise. Manchmal war er aus Buchweizen, doch meistens aus Hirse oder Reis, denn die lassen sich süssen; der Buchweizenbrei lässt sich nicht süssen.

Aus: Wintermärchen, Mutabor Verlag 2011. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

 

Why sweet porridge is served on Christmas Eve

A man had two daughters, and he was very wealthy. One daughter married a man who was also very rich, and the other wanted to marry a poor man, but the father would not allow it. However, she had fallen in love with the poor man and married him anyway. They lived very modestly. The others, on the other hand, lived lavishly, but their life together was not good. They fought, argued, and many other things happened between them!

When Christmas Eve came, the father became very curious about how they would celebrate the evening meal: how one daughter would do it and how the other would. First, he went to the daughter who was married to the rich man. So much food was served there that not all the dishes could fit on the table. But what good did it do them? They began to argue. They hadn't even finished the meal when they started fighting. The father said, "Now I'll go to the poor daughter and see what the poor do, how things are with them."

He went there. The poor sat down. They had cooked a little kutya, and now they were eating it. They had a little borscht, and they ate that too. Then she said, "You know, husband! Once my mother always cooked a sweet porridge on Christmas Eve. There were many dishes, and at the end, there was the sweet porridge. But we can't manage that, so let's kiss instead!"

The father was very pleased that life was so harmonious with this daughter, and he took the two in with him.

Since then, sweet porridge has been cooked on Christmas Eve. This is how my father always told it in Lisnja. He said this happened so that people would love one another. The porridge was the last dish. Sometimes it was made from buckwheat, but mostly from millet or rice, because those can be sweetened; buckwheat porridge cannot be sweetened.

Aus: Wintermärchen, Mutabor Verlag 2011. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch. Englische Fassung L. Jaenike

Bosnien-Herzegowina besteht in seiner heutigen Form seit dem Dayton-Abkommen von 1995 aus dem nördlichen Bosnien und der südlichen Herzegowina. Nur ein schmaler Streifen, der Neum-Korridor, grenzt auf der Balkanhalbinsel an das Meer. Nach dem Austritt aus dem jugoslawischen Staatsverband 1990 folgte 1992 der dreijährige Bosnienkrieg mit bis heute ungelösten Konflikten. Mehr als zwei Millionen Menschen sind auf der Flucht, hinzu kommen zwei Millionen Binnenflüchtlinge. Der Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur kommt nur schleppend voran. Arbeitslosigkeit und mangelnde medizinische Versorgung prägen das Leben.

 

Diese Website nutzt Cookies und andere Technologien, um unser Angebot für Sie laufend zu verbessern und unsere Inhalte auf Ihre Bedürfnisse abzustimmen. Sie können jederzeit einstellen, welche Cookies Sie zulassen wollen. Durch das Schliessen dieser Anzeige werden Cookies aktiviert. Details finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Cookie Einstellungen

Diese Cookies benötigen wir zwingend, damit die Seite korrekt funktioniert.

Diese Cookies  erhöhen das Nutzererlebnis. Beispielsweise indem getätige Spracheinstellungen gespeichert werden. Wenn Sie diese Cookies nicht zulassen, funktionieren einige dieser Dienste möglicherweise nicht einwandfrei.

Diese Webseite bietet möglicherweise Inhalte oder Funktionalitäten an, die von Drittanbietern eigenverantwortlich zur Verfügung gestellt werden. Diese Drittanbieter können eigene Cookies setzen, z.B. um die Nutzeraktivität zu verfolgen oder ihre Angebote zu personalisieren und zu optimieren.
Das können unter Anderem folgende Cookies sein:
_ga (Google Analytics)
_ga_JW67SKFLRG (Google Analytics)
NID (Google Maps)