Von der Maus, die sich erschreckt hat

Land: Bosnien und Herzegowina
Kategorie: Fabel/Tiermärchen

Eine Maus lag unter einem Busch und blinzelte schläfrig in die Sonne.  Da fiel ein trockenes Blatt auf sie. Erschrocken sprang sie auf und lief davon.
Sie rannte an einem Fuchs vorbei.
«He, warum rennst du so?», fragte er.
«Es ist etwas vom Himmel gefallen, das könnte dich auch treffen!», rief die Maus.
Da bekam auch der Fuchs Angst und rannte los.
Die beiden rannten am Wolf vorbei.
«He, warum rennt ihr denn so?»
«Es ist etwas vom Himmel gefallen, das könnte dich auch treffen!», rief die Maus.
Jetzt bekam auch der Wolf Angst und rannte ebenfalls davon.
Die drei rannten und rannten am Bären vorbei.
«He, warum rennt ihr denn so?»
«Es ist etwas vom Himmel gefallen, das könnte auch dich treffen!», rief die Maus.
Erschrocken rannte der Bär den anderen hinterher.
Sie rannten, bis sie zu einer Höhle kamen. Dort krochen sie hinein und lauschten, ob etwas vom Himmel fiel, aber draussen war es still.
«Am besten bleiben wir zusammen», sagte der Bär, «wenn wieder etwas vom Himmel fällt, können wir uns besser verteidigen.»
Die anderen waren einverstanden. So lebten sie den ganzen Sommer und Herbst zusammen und sammelten Honig für den Winter. Als drei Töpfe voll waren, stellten sie sie in ein gutes Versteck.
Als es anfing zu schneien, wurde es dem Fuchs langweilig und er bekam Lust auf Honig. Aber wie sollte er vom Honig schlecken, ohne, dass die anderen es bemerkten? Eines Tages sagte er: "Heute muss ich leider weg, ich muss zu einer Taufe. Da ging er aus der Höhle direkt zu den Honigfässern und schleckte eines ganz aus.
Als er zurückkam, fragten die anderen: «Wie hiess das Kind?»
«Erster Topf», sagte der Fuchs. «Das ist aber ein komischer Name», sagten die anderen.
Bald darauf hatte der Fuchs wieder Lust auf Honig. «Ich muss schon wieder zu einer Taufe», sagte er, ging davon, schleckte den zweiten Topf aus und sagte, das Kind heisse «Zweiter Topf».
Nicht lange darauf, sagte er: «Ich muss zum dritten Mal zur Taufe», ging fort und leerte auch den letzten Honigtopf.
Als er wiederkam, fragten der Bär, der Wolf und die Maus: «Wie hiess denn das Kind?»
«Dritter Topf», sagte der Fuchs, und die anderen wunderten sich über den seltsamen Namen.
Als die Tiere nach einiger Zeit Honig holen wollten, stellten sie fest, dass alle Töpfe leer waren. Die Maus sah die Spuren des Fuchses auf dem Boden und piepste: «Das war der Fuchs!»
«Sei still», sagte der Fuchs und wollte die Maus packen. Aber die sprang auf und rannte davon. Der Bär und der Wolf aber hatten alles gehört und riefen: «Warte nur, du Honigdieb!» Der Fuchs sprang nun ebenfalls davon, der Bär und der Wolf hinterher. Bald hatten sie den Fuchs eingeholt, und er bekam die Tatzen des Bären und die Zähne des Wolfes zu spüren.
Die Maus aber rannte und rannte, bis sie zu ihrem Strauch kam. Sie legte sich darunter und ruhte sich von ihrem Abenteuer aus. Seit diesem Tag aber leben Bär und Wolf, Fuchs und Maus nicht mehr zusammen.

Fassung Djamila Jaenike, nach: M. Preindlsberger-Mrazovic,Bosnische Volksmärchen, Innsbruck 1905, unter dem Titel «Das Füchslein», © Mutabor Märchenstiftung

 

About the mouse that got scared

A mouse was lying under a bush, blinking sleepily into the sun.  Then a dry leaf fell on it. Startled, it jumped up and ran away.

She ran past a fox.

“Hey, why are you running like that?” he asked.

“Something has fallen from the sky, it could hit you too!” shouted the mouse.

The fox got scared too and ran off.

The two of them ran past the wolf.

“Hey, why are you running like that?”

“Something has fallen from the sky, it could hit you too!” shouted the mouse.

Now the wolf got scared and ran off too.

The three of them ran and ran past the bear.

“Hey, why are you running like that?”

“Something's fallen from the sky, it could hit you too!” shouted the mouse.

Startled, the bear ran after the others.

They ran until they came to a cave. They crawled inside and listened to see if anything fell from the sky, but it was quiet outside.

“It's best we stay together,” said the bear, “if something falls from the sky again, we can defend ourselves better.”

The others agreed. So they lived together all summer and fall and collected honey for the winter. When three pots were full, they put them in a good hiding place.

When it started to snow, the fox got bored and craved honey. But how could he lick the honey without the others noticing? One day he said: “I have to leave today, I have to go to a baptism. So he went straight from the cave to the honey barrels and licked one of them clean.

When he came back, the others asked: “What was the child's name?”

“First pot,” said the fox. “That's a funny name,” said the others.

Soon after, the fox was in the mood for honey again. “I have to go to a baptism again,” he said, walked away, licked the second pot and said the child was called “Second Pot”.

Not long afterwards, he said: “I have to go to the christening for the third time”, walked away and emptied the last pot of honey.

When he came back, the bear, the wolf and the mouse asked: “What was the child's name?”

“Third pot,” said the fox, and the others wondered about the strange name.

When the animals went to fetch some honey after a while, they realized that all the pots were empty.

The mouse saw the fox's tracks on the ground and squeaked: “That was the fox!”

“Shut up,” said the fox and tried to grab the mouse. But the mouse jumped up and ran away. The bear and the wolf, however, had heard everything and called out: “Just wait, you honey thief!” The fox jumped away too, followed by the bear and the wolf. They soon caught up with the fox and he felt the bear's paws and the wolf's teeth.

But the mouse ran and ran until she came to her bush. She laid down under it and rested from her adventure. Since that day, bear and wolf, fox and mouse have no longer lived together.

Fassung Djamila Jaenike, nach: M. Preindlsberger-Mrazovic,Bosnische Volksmärchen, Innsbruck 1905, unter dem Titel «Das Füchslein», englische Fassung L. Jaenike © Mutabor Märchenstiftung

Bosnien-Herzegowina besteht in seiner heutigen Form seit dem Dayton-Abkommen von 1995 aus dem nördlichen Bosnien und der südlichen Herzegowina. Nur ein schmaler Streifen, der Neum-Korridor, grenzt auf der Balkanhalbinsel an das Meer. Nach dem Austritt aus dem jugoslawischen Staatsverband 1990 folgte 1992 der dreijährige Bosnienkrieg mit bis heute ungelösten Konflikten. Mehr als zwei Millionen Menschen sind auf der Flucht, hinzu kommen zwei Millionen Binnenflüchtlinge. Der Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur kommt nur schleppend voran. Arbeitslosigkeit und mangelnde medizinische Versorgung prägen das Leben.

 

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