Im 16. Jahrhundert wütete die Pest auch in unserer Gegend; man nannte sie hierzulande die «Schwinna». Nicht nur in ihren Wohnungen wurden die Menschen von der schrecklichen Seuche befallen, auch draussen auf freiem Felde oder auf der Strasse traf sie der Würger. Mitten in der Arbeit wurden die Leute unwohl und fielen plötzlich leblos zu Boden. Manche hatten noch soviel Kraft, sich bis zur Dorfkirche zu schleppen. Dort hingen sie Rechen, Hacke und Sense auf, dann sanken sie sterbend zu Boden. Zuletzt war das ganze Dorf wie ausgestorben. Nur noch zwei Buben blieben als bedauernswerte Waisen zurück. Diese nahm man und brachte sie nach dem Weiler Neuhaus und stellte sie in die dortige Kapelle, im guten Glauben, dass sie im heiligen Raume von der Pest verschont würden. Dieser fromme Glaube blieb nicht unbelohnt. Der Würgeengel ging an den unschuldigen Kindern vorbei. Sie blieben am Leben, während fast alle Bewohner des Dörfchens gestorben waren. Nach den Aussagen der älteren Bewohner soll das Land zwischen Neuhaus und Alterswil so entvölkert worden sein, dass die beiden Ortschaften, die doch fast 8 km voneinander entfernt sind, Nachbarn waren. Nach dem Erlöschen der «Schwinna» kehrten einige Bewohner, die geflüchtet waren, an ihre alte Heimstätte zurück und fanden die zwei Kinder wohlbehalten. Sie nahmen sich der Waisen dankbar an, die im Bauernhause zu tüchtigen Menschen herangezogen wurden.
Zum Dank für diese Begebenheit erbauten die Geretteten ein neues Kapellchen zu Ehren der Mutter Gottes, der Helferin der Christen. Heute, 1935, ist das neu renovierte Bethäuschen eine Zierde des Dörfchens.
Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.