Das Höll-Hoopi ist den Menschen wohl gesinnt. Es gibt zuzeiten denen, die darauf achten, Schirm und Hut vor Feuer und Wasser, Steinschlag, Unwetter und Lauigfahr. Vor Höllenspuk und allen grossen Uebeln, die den Leuten drohen, tut es von einer Balm oder vom Fluhrand herunter hoopen, so dass, wer will und mag, sich vorsehen kann.
Besonders auf der Sefinenalp, da hat das Höll- Hoopi unsern Vätern und Vorvätern so manchen guten Fingerzeig gegeben!
Eines Sommers trieben die Sennen, obwohl sie sich sonst vertrugen wie zwei Finger an einer Hand, gegenseitig öfters Neckerei, Spass und Kurzweil. Sobald die Nacht auf den Hütten lag, pochten sie einander an die Türen. Wenn der Genarrte heraus kam, sah er völlig nichts und hörte nur das gewohnte Rauschen der Sefilütschine.
In einer stockfinstern Herbstnacht, kurz vor der Alpabfahrt, klopfte es dreimal hart an eine Hüttentüre in Sefinen. Der Hirt vermeinte, er solle wieder ans Narrenseil und fluchte: „Das sollen doch der Teufel und das Höll-Hoopi nehmen, meine Ruh will ich jetzt einmal haben! Ich komm dir nicht hinaus, du Cheib!“
Da sah er zwischen den Ritzen der Rundbalken hindurch ein seltsam fahles Erbleichen über die Alp huschen. Er warf den Kopf nicht mehr in den Nacken, trat eilig vor die Hütte und nahm wohl deutlich wahr, dass das kein Wetterleuchten sei. Jetzt sah er ein taubweisses Männlein mit einem grellblauen Licht behende über eine hohe Balm beineln. Es trieb Vieh und rief, dass es schaurig in allen Wänden widerhallte: „Hoo hoop! - Hoo hoop! -Hoo hoop!“
Die Haare standen dem Sefisennen zu Berge, und ein eiskalter Schweiss lief ihm schauerweise über den Rücken. Da gab es nichts zu grübeln und deuten, das war das Höll-Hoopi; er und der Küher und der Hüterbub hatten es gesehen und gehört mit Eid und Gewissen. Der erfahrene Senn wusste, was er zu tun hatte. Er liess das Vieh zusammentreiben, machte die Stall- und Hüttengeräte bereit und befahl den Alpabzug, auf der Stell! Das war wäger eine Pflicht mitten in der rabenschwarzen Nacht. Die andern Aelper schlugen seine Mahnungen in den Wind und meinten, er sei, denk wohl, in der verkehrten Welt.
Aber noch in der gleichen Nacht begann es auf der hohen Alp zu schneien, wie es selbst die Aeltesten nie erlebt hatten; stunden- und stundenlang fielen lautlos, ohne dass ein Lüftlein wehte, Flocken wie Fausthandschuhe. Die Senntümer, die oben geblieben waren, wurden eingeschneit bis an die Dachrafen, und es war bald kein Tabaksäckel voll Heu mehr zu verhirten. Alles hatte arg Lauisorg, und die Talleute mussten, was mit der Schaufel schoren konnte, den Alpweg lösen.
Erst nach Tagen konnte man abzügeln, und etliche schöne Haupt, Kühe und Rinder, waren elend eingegangen.
Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch