In dem einen Eckhause der Kronengasse zu Aarau starb vor mehr als einem halben Jahrhundert ein verrufener Wucherer. Der Volksglaube liess den Verhassten bald umgehen, denn seine hinterlassenen Papiere gaben genügsamen Beweis, dass er Wittwen und Waisen bis ans Ende geprellt hatte. Man wollte ihn vom obersten Stockwerke ins unterste am Glockendraht herabfahren gesehen haben. Die Landleute, die sich sonntags in der Stadt sammeln, konnten stundenlange vor jenem Hause stehen und es mit heimlichem Grauen anstarren. Da die Erben keinen Käufer finden konnten, liessen sie einen Kapuziner von Olten kommen, um das Gespenst hinweg zu segnen. Es gelang ihm, den Geist in die Stadtwaldung zu bannen, die Gönhard heisst. Daselbst steht ein steinerner Tisch, von dessen Herkunft man allerlei erzählt. Die Einen behaupten, es habe ihn die helvetische Regierung setzen lassen, so lange sie in Aarau residirte, um dort im Freien manchmal ein Abendessen abzuhalten; wogegen die ältere Volksmeinung in ihm den Versammlungsort der Hexen, Besenreiterinnen und Teufelsschwestern sieht, die hier um Mitternacht zechen und tanzen. Dahin bannte der Kapuziner den Geist des Wucherers. Bald aber sah ihn ein Holzhauer dort am Tische in Geld wühlen und dazu jammern, dass sich einem das Herz hätte umkehren mögen. Nun waren die Verwandten neuerdings in der Leute Gerede. Da wurde auf des Kapuziners Rat eine Matratze nachts hinausgetragen und ins Waldgebüsche gelegt, damit der Geist ruhiger werde. Nicht lange, so kam ein armes Bäuerlein von Suhr dieses Weges, sah zufällig die Matratze und lud sie vergnügt auf; aber sie wurde ihm um so schwerer, je weiter er sie trug, von einem innern Gefühle getrieben, schleppte er sie bald wieder auf die alte Stelle zurück und machte sich davon. Indessen hatte das unbewohnte Haus in der Stadt ein fremder Goldschmied um einen Spottpreis gekauft, und soll bei Umgrabung des Kellers eine bedeutende Geldsumme gefunden haben. Von der Zeit an sei es im Hause völlig ruhig gewesen. Die Verwandten sollen zwar des angeblichen Fundes im Keller wegen noch nachträgliche Forderungen an den neuen Besitzer gestellt haben; man legt diesem aber die Antwort in den Mund: Er habe die Hölle samt dem Teufel gekauft.
Quelle: E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch