Wenn an schönen Sommertagen die Leute zwischen Beinwil und Wilhof ihre Weinreben bearbeiten oder sonst dort herum auf dem Felde sind, so vernehmen sie öfters vom rechten Ufer des Hallwiler-Sees her, da wo Meisterschwanden liegt, ein Rufen und erinnern sich dabei aus alter Zeit einer Brautfahrt, von der heute noch gesprochen wird.
Vor vielen Jahren wollte ein Brautpaar von Fahrwangen über den See nach Reinach, um in dortiger Kirche sich trauen zu lassen. Es war an einem Freitag im Herbst, als Braut und Bräutigam mit andern Hochzeitsleuten am Seeufer nach dem Fährmann fragten, um übergeschifft zu werden. Der Alte nahm die Leute ein und war bald mit ihnen mitten auf dem Wasser. Da aber zogen unter starkem Winde schwarze Wolken über den Himmel her; der Regen schlug von oben, die bewegte Welle von unten in den Kahn und die Leute gaben sich bald verloren.
Lange sah man vom Ufer her den mit dem Sturme Ringenden zu, ohne dass man es wagen konnte, ihnen zu Hilfe zu eilen. Als die Finsterniss des Gewitters sich verzogen hatte, war das Schiffchen nirgends mehr auf den Wellen zu erblicken, und erst gegen Abend erzählte der triefende Schiffsmann, wie der Kahn umgeschlagen worden und er allein durch Schwimmen sich gerettet habe. Während dem hatten die Glocken in Reinach fortwährend zur Trauung geläutet, bis endlich ein Bote von Beinwil das Jammergeschick dorten meldete.
Aber seit dieser Zeit und besonders wenn andere Witterung eintreten will, hört man dort das wehmüthige Rufen des untergegangenen Brautpaars, oder es durchklingeln kleine Glöckchen wie am Halse flüchtiger Hunde die Gegend. Dies Geräusch nennt man Schellenpeter. Auch ist ein alter Glaube, so oft im Hallwiler-See jemand ertrinke, sehe man ein Haupt im Schaume der Wellen auftauchen, die der Sturm ans Ufer schlägt.
Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau 1856
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch