a) Ein Reisender, der von der Surenen her kam und von der Nacht überrumpelt wurde, erblickte im Blattental ob Erstfeld ein Licht, ging darauf los und fand ein altes Häuslein, wo er anklopfte. Ein altes Müetterli tat ihm auf, liess ihn eintreten und bot ihm Herberge an. Sagte aber, es sei eine arme Seele, die hier ihr Fegfeuer abbüssen müsse. Im nahen Bockitobel aber sei die Hölle. »Ja«, sagte es, »wenn ihr wüsstet, wie viele dort sind! Ich weiss etwas! Es ist so mit verdammten Geistern angefüllt, dass man mit Stosskarren darüber fahren könnte, wenn sie mit Leibern behaftet wären.« Dem Fremden wurde es unheimlich, und er verliess bald die merkwürdige Herberge.
Josef Zieri, Erstfeld
b) So, so! vom Bockitobel habt ihr auch schon gehört. Ja, da hat mir einmal das Geeziger Seppäli von Attinghausen – sie sagten ihm nur dz Heiliggeistvögeli – auch etwas erzählt. Das Bockitobel sei voll armer Seelen. Es selber habe einmal eine gesehen, wie sie sich im Bockibach wusch. Ein Wybervölchli, schwarz gekleidet, ein schwarzes Tuch über dem Kopf. Das habe es einmal einem Geistlichen erzählt, und der habe dann gesagt: »Ja, ja, die armen Seelen sind in den allerwüstesten Orten. Arme Seelen gibt es wie Schneeflocken.«
Frau Nell-Gisler
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.