Vor etwa 50–60 Jahren geschah es, dass ein fremdes Bettelmandeli durch die Alpen des Brunnitales wanderte und Anken bettelte. Zieger oder Käse nahm es nicht. Viele Leute gaben ihm schön Anken, und es tat allen in eine gar nicht grosse Büchse. Die Leute konnten gar nicht begreifen, wieso es allen da unterbringe. Einst schauten ihm Kinder zu, als es Anken in die Büchse schoppete. Es hatte eine Schnur und machte allerlei Manöver, dass die Kinder sagten: »Lüeget, der wurstet!« Wo der Anken da hinkomme, fragten es die Kinder. Der komme da graden Weges ins Montefun, sagte es. Sonderbarer Weise übernachtet es nirgends, und als es der alte Stetter von Spiringen einlud, bei ihm zu übernachten (er hatte die Absicht, es auszuförschlen), lehnte es ab mit den Worten, es habe ein eigenes Haus und Heim. Auf der Alp Laue wollten sie ihm keinen Anken geben. Da meinte es, denen wolle es schon dran denken. Es ging; das gute, heitere Wetter hielt noch einige Zeit an, und schon sagten die Leute, das Mandeli habe sie vergessen. Da kam aber am dritten oder vierten Tag über Laue und Umgebung ein unerhörtes Hagelwetter, vernichtete alles Gras und schlug sogar die Tannen in den Wäldern so kahl, dass sie aussahen wie Geschner. Endlich warfen sie Sensen vor die Hütte hinaus, und sogleich legte sich das Wetter und hörte der Hagel auf. Aber auf der Spitzä hörten sie's jauchzen. Sie dachten, das sei das Bettelmandeli. Dieses wanderte später im Oberland herum und rühmte dort, wie es den Schächentalern einen Possen gespielt habe. Auf die Frage, woher es sei, sagte es »aus dem Montefun.«
Karl Gisler, 75 J. alt, Unterschächen
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945,
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.