Schon der neuen Lehre freuen
Sich des Prätigau's Gemeinden,
Die verkündet ward in Treuen,
Doch zum Ärger ihren Feinden. –
Diese wollten ihren Glauben
Sammt der Freiheit heil'gen Rechten
Jenem biedern Volke rauben,
Und Dasselbe ehrlos knechten. –
Zweifelnd, ob sie kämpfen sollen,
Ob dem Feinde widersteh'n,
Meinen die zu Saas, sie wollen
Heute noch zur Kirche geh'n. –
Sonntag war es, Tag der Palmen,
Wo sich ziemt, das Wort zu hören,
Anzustimmen Festtags-Psalmen,
Und den Höchsten zu verehren.
Er nur kann den Sieg verleihen,
Und den Seinen Frieden schenken. –
Gibt er heute wohl ein Zeichen,
Das zur Hoffnung sie mag lenken? –
Unbezeugt will Gott nicht lassen
Sich in seinem Heiligtume;
Ja, sie dürfen Mut nun fassen,
Fest zu steh'n zu seinem Ruhme. –
Was sie hörten jetzt verkünden
Von dem heil'gen Gotteslamme,
Das getragen hat die Sünden
Und versöhnt am Kreuzesstamme. –
Das ergreifet Aller Herzen;
Und nur in des Lammes Wunden
Hoffen sie für ihre Schmerzen
Auf ein seliges Gesunden.
Und noch eh' die Predigt endet,
Schreitet durch der Kirche Mitte,
Weiss wie Schnee, von Dem gesendet,
Der erhöret fromme Bitte,
Still ein Lämmlein zum Altare,
Und sie achten's als ein Zeichen,
D\'rin der Herr sich offenbare,
Der auch werde Sieg verleih'n. –
Und so ist's denn auch geschehen;
Gott verlässt die Seinen nimmer;
Will die Sonne untergehen,
Zeigt sich bald des Frührots Schimmer.
Morgen geht's zum heissen Kampfe,
Und das Lämmlein zeig't sich wieder,
Steh't im wilden Feuerkampfe,
Es ertönen Siegeslieder. –
»Dreimalheilig,« hört man\'s schallen,
»Preis dem Lamme, das gekommen!«
Berg und Tal, die widerhallen
Vom Gesang der biedern Frommen.
Sollt's im Tal nicht fürder tönen:
Preis dem teuren Gotteslamme?
Frieden bringt es und Versöhnen;
Brenn' ihm, heil'ge Liebesflamme!
Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.