Der Felsberger Eichwald
Zwischen den Gemeinden Felsberg und Tamins steht der grosse Eichwald, der vor alten Zeiten den Felsbergern angehörte, dann aber Eigentum der Taminser wurde, und zwar, der Sage nach, folgenderweise:
Zum Baue eines Wuhres waren die Felsberger genötigt, Geld aufzunehmen, und wandten sich an die Taminser, ihre Nachbarn, um ein Darlehen von 300 Gulden. Tamins gab ihnen das Geld gegen Hypothek auf benannten Eichwald. - Schon einige Tage vor Ablauf der Zahlungszeit gaben die Felsberger das entlehnte Geld zurück, aber der Gemeindskassier von Tamins, ob aus eigenem Antriebe oder nicht, wollte das schöne Pfand für seine Gemeinde erwerben und hinterhielt die Bescheinigung der Rückzahlung.
Am Verfallstage forderte der Vorstand von Tamins das gelehnte Geld; die Felsberger behaupteten, die Schuld vor der Zeit heimgestellt zu haben, und die Klagen kamen vor Gericht. Durch Hinterlist des betrügerischen Kassiers war die Quittung im Datum gefälscht worden, und durch richterliches Gutachten die Verfallzeit anerkannt, hiedurch der Eichwald den Taminsern zugesprochen, wogegen die Felsberger die bezahlten 300 Gulden zurück erhielten. -
Nach kurzer Zeit verunglückte der Kassier, der die Zahlung verheimlicht hatte, im Eichwalde selber, und muss im Tode, jeden Quatember-Abend auf einem Flosse den Rhein herunterfahren und in Gesellschaft einiger Comilitonen, die um den Betrug wussten, einen Marchstein setzen an der Stelle, bis wohin seiner Zeit die Grenze zwischen Felsberg und Tamins gereicht hatte.
Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.