Wetterhexen

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Eine traurige Begleiterscheinung der Glaubensspaltung oder Reformation war das Aufleben des unheilvollen Hexenwahnes. Dieser abscheuliche Aberglaube verseuchte allmählich alle europäischen Länder; er machte keinen Unterschied zwischen protestantischen und katholischen Gegenden. Vor dieser geistigen Epidemie konnten sich nicht einmal Gelehrte und menschenfreundliche Persönlichkeiten schadlos halten. Auch unser schönes Freiburger Ländchen hatte unter diesem Hexenglauben schwer zu leiden. Man war mal der Meinung, der böse Feind bediene sich gewisser verkommener Menschen beiderlei Geschlechts, um Menschen und Tieren in boshafter Weise zu schaden, Unwetter herbei zu zaubern, Krankheit und Unglück jeglicher Art verhassten Nachbarn oder Feinden anzuwünschen, das Vieh zu verhexen, dass es keine oder rote Milch gab, kurzum: alles Unheil in Haus, Stall und Feld wurde den sogenannten Hexen in die Schuhe geschoben. Angebliche Beweise hiefür fand man genug. Aus dieser Geistesverfassung heraus geboren, entstanden die Hexensagen und Hexenerzählungen. Noch heute pflegt der Volksmund bei Schwierigkeiten oder Misserfolgen zu sagen: «Man meint, es wäre alles verhext.» Kulturdokumente dieses Wahnglaubens sind die folgenden Hexensagen.

Im Freiburger Oberland, vorzüglich in Rechthalten, Plaffeien und Schwarzsee gab es gefürchtete Hexen. Besonders den benachbarten Guggisbergern traute man in dieser Hinsicht alles Schlimme zu. Einer dieser Zauberinnen schreibt man den derben Ausspruch zu: «Wenn d Rufenenerära, d Sant-Antonichära und d Rechthaltnermöra lüte, chan i nüd mache.» Mit diesen wüsten Schimpfnamen belegten die Unholdinnen die geweihten Glocken der Wendelinskapelle in Rufenen, die Wetterglocken von Rechthalten und St. Antoni. Denn beim Wetterläuten dieser Glocken war alle verderbliche Zauberkraft der Hexen erfolg- und wirkungslos. Daher rührt der Hass der Hexen gegen das Wetterläuten. Schon manches beschworene HageIwetter hatte der eherne Mund der geweihten Glocken abgewonnen.

Eine vornehme Dame hatte die Hexenkunst erlernt. Sah sie im Sommer die fleissigen Landleute bei der Heuernte schwitzen, sagte sie im Geheimen: «Ich muss die erhitzten Leute ein wenig abkühlen.» Das besorgte sie in folgender Weise: Sie befahl ihrer Dienstmagd, einen Kübel Wasser langsam auszugiessen. Während dies geschah, las die Herrin aus einem alten fremdsprachigen Buch eine Zauberformel. War sie damit zu Ende, überzog sich der vorher noch sonnenklare Himmel mit schwarzen Regenwolken, dann fing es langsam an zu regnen, sobald die Landleute ihr Heu unter Dach hatten.
An einem schwülen Augusttage begann die Frau dasselbe Spiel von neuem. Wiederum sollte die Magd langsam einen Eimer Wasser ausgiessen. Diesmal vergass die vielbeschäftigte Dienerin die Weisung ihrer Herrin; sie goss alles Wasser auf einmal aus, währenddessen die Dame wie gewöhnlich auf ihrem Lehnsessel ruhend im Zauberbuche las. Nun zeigten sich sofort die schlimmen Folgen, welche die Unaufmerksamkeit jener Magd verursachten. Sogleich eilte die Dame schreiend und scheltend herbei und tadelte das Mädchen ob seines Ungehorsams. Der Himmel verdunkelte sich ungewöhnlich schnell, und ein fürchterliches Unwetter brach los. Eiergrosse Hagelschlossen fielen herunter und zerschlugen Felder und Äcker, so dass die gesamte Ernte vernichtet wurde. Der gescholtenen Magd fiel das Zusammentreffen des Unwetters mit dem Ausgiessen des Wassers sowie das ungewöhnliche Gebaren der Herrin auf. Sie zeigte dieselbe bei der Behörde als Hexe an und wies deren Zauberbuch mit den rätselhaften Schriftzeichen als Beweis vor. Keine drei Tage verstrichen, da wurde die vornehme Dame als Hexe gefangen genommen und von den Richtern zum Scheiterhaufen verurteilt. Mutig erlitt sie den Feuertod. Merkwürdigerweise blieb von diesem Zeitpunkt an das Oberland von schweren Ungewittern und Naturkatastrophen verschont.

 

Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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