An einem Quatemberabend ging ein Knecht (Aeby J.) von der Giffersallmend nach dem Hofe «Vorsatz», unterhalb Trossland, um dort ein Spielchen zu machen. Die Unterhaltung dauerte bis gegen Mitternacht, worauf sich Aeby verabschiedete. Gemächlich sein Pfeifchen rauchend, schlug er den kürzesten Weg über das Moos ein. Als er sich dem Bächlein näherte, erblickte er ein merkwürdiges Bild. Viele Kerzlein leuchteten durch die Nacht. Ein Leichenzug bewegte sich gegen das Farnerenholz (Rechthaltnerwald) zu. Voran gingen schwarzgekleidete Männer mit langen Bärten, dann kamen vier Gestalten mit einem grossen Sarg; hinter diesen folgten in zwei Reihen schwarzvermummte Frauen in weiten, faltigen Gewändern, deren Schnitt und Form einer längst verrauschten Zeit angehörten. Unter halblautem Beten zog der geheimnisvolle Trauerzug nach dem Sagenloch, wo er im dichten Tannenwald verschwand. Aeby hatte es sonst nicht mit dem Fürchten zu tun. Aber der Anblick dieses sonderbaren Leichenzuges liess ihn doch ein leises Grauen spüren. Es schienen keine gewöhnlichen Leute zu sein, die da in diesem fremdartigen Aufzug um Mitternacht umhergingen mit einer Leiche. Der Knecht bekreuzte sich und suchte so eilig als möglich seine Behausung zu erreichen. Aber er musste noch lange auf den gewohnten Schlaf warten, weil er nicht so schnell das Erlebte vergessen konnte. Er wollte einen Eid schwören, dass sein nächtliches Erlebnis keine Täuschung gewesen sei. Die Nachforschungen in der Umgebung, ob jemand gestorben sei, verliefen ergebnislos.
Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.