Sehr beliebt sind im Jauntal die Fuchsjagden, die man dort «Beizen» heisst (Beizen = durch ein Fleischstück das Wild anlocken). In den hellen Winternächten hört man zeitweilig einen Schuss knallen, der dem überlistigen Schlaumeier den Garaus macht. Doch einmal scheiterte alle Beize an der List Meister Reineckes. Selbst die erprobtesten Jäger konnten nichts ausrichten. Jeder Schuss schien am Fell des Fuchses wie an einem Eisenpanzer abzuprallen. Nach viel verschossenem Pulver kam ein pfiffiger Jäger auf den klugen Einfall, sein Schiesspulver weihen zu lassen. Gedacht, getan! An einem mondhellen Winterabend lauerte der Jäger wieder auf den Fuchs. Diesmal sollte er ihm nicht entrinnen. Nach langem Warten kam endlich das Tier zum Vorschein. Vorsichtig zielte der Jäger auf sein Wild. Als es in Schussweite war, pfefferte er ihm die ganze Ladung hinter die Ohren. Diesmal verfehlte der gutgezielte Schuss seine Wirkung nicht. In wilden Schmerzen wälzte sich das getroffene Tier einige Male auf dem körnigen Schnee, um dann jaulend zu flüchten. Siegesbewusst schlich der Jäger dem Fuchse nach, der sich doch nicht so weit wegschleppen konnte. Doch er fand nichts als eine blutgerötete Schneemulde. Anderntags aber kam die Nachricht, dass im Nachbardorf Galmis eine alte Frau an einer Schusswunde gestorben sei. Sie war als Hexe bekannt. Weil von der Zeit an der nächtliche Spaziergang des Fuchses ausblieb, glaubten die Jauner, die übelbeleumdete Alte sei, in einen Fuchs verwandelt, vom Jäger tödlich getroffen worden.
Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.