Ein gewisser Hänzli, dessen Herkommen und Heimat niemand kannte, war viele Sommer Sennenhirt in der Bachalpe (Erschmatt). Obschon er eben um's Beten nicht viel gab und tat, wusste er sich doch unbescholten und selbst beliebt beim Volke zu erhalten. Indessen verlor man jeden Sommer, sowohl in dieser als in der angrenzenden Feldumenalpe (Lötschen), einige Stücke Vieh, ohne auch nur eine Spur davon mehr zu finden.
Es begann eben unter dem Volke der Verdacht, das verlorene Vieh werde gestohlen und über den Gletscher nach Bern getrieben; da starb unser Hänzli, so wie er gelebt, ohne viel Segnens und Kreuzens. Und es begann in der Alpe gewaltig zu spuken; mitten in der Nacht polterte es heftig mit den Alpgeschirren herum, das Vieh wurde aufgetrieben und fortgejagt und selbst am hellen Tage wurden grosse Felsblöcke in den Alpstaffel herabgeworfen. Bei den Leuten war es ausgemacht, Hänzli müsse der Dieb und Schelm gewesen sein und nun diesen Spuk treiben. Man liess darum die Bachalpe von frommen Ordensmännern segnen: worauf der ganze Geisterlärm in die Feldumenalpe nach Lötschen hinübersiedelte. Die guten Lötscher freuten sich darüber nicht besonders und zogen auch ihrerseits ins Feld; sie stifteten eine Kässpende, die jährlich am Ostermontag in Ferden unter die Armen verteilt wird. — Und damit wurde Hänzli gründlich zur Ruhe gebracht.
Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch