Der Hexentanz

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Unweit Ruospis ob Diesbach liegt ein Hexenplatz, auf dem kein Gräslein, ja nicht einmal Brüsch und Moos gedeihen. Brandschwarz liegt der Fleck Erde da, als hätte da ein riesiges Feuer gewütet. Am späten Abend kommen die Hexen aus dem Ruospishäuslein, wo sie ihren Unterschlupf haben. Durch Mauerlöcher, Wandrisse und unter den Dachschindeln hervor huschen sie, und kaum sind sie draussen, so verwandeln sich die einen in schwarze Katzen, während sich die übrigen als beindürre Gestalten mit Mänteln und Schwettifräcken vermummen, so dass nur die feurigen Augen herausgucken, und niemand «Mannis und Wiibis» unterscheiden kann. Jetzt schwingt sich der Hexenmeister, dessen wüstem, spitzem Kopf zwei Hörnchen entspriessen, auf einen schwarzen Geissbock. Das ist für alle andern das Zeichen zum Aufbruch. Sie fassen ihre Gabeln und Besen fester an, nehmen einen kurzen Anlauf und Ho-ruck! fahren sie in die Lüfte, begleitet von einer Schar Elstern, Raben und anderer Nachtvögel.

Nach kurzer Fahrt landet die ganze «Sündenbagaschi» auf dem Hexenplatz, wo alsbald der Tanz beginnt. Zunächst in Paaren, bald aber in wilden Gruppen und Haufen wirbelt, johlt und gröhlt die saubere Gesellschaft im Kreise herum, indes der bockfüssige Hexenmeister in der Mitte auf einem Stein hockt und mit «Hussahoi» die Rasenden anfeuert. Dazu ertönt von irgendwoher ein Rasseln, Tschidern und Rätschen, dass es ein ehrlicher Christenmensch kaum aushalten würde, den Hexen aber ein Ohrenschmaus ist, und wenn die unsichtbaren Spielleute nur einen Augenblick verschnaufen, so lärmt die schwitzende Meute und schimpft, bis die Musik auf einmal wieder einsetzt und der tolle Wirbel aufs Neue beginnt, als wäre der Föhn in einen Laubhaufen gefahren. Nach einem knappen Stündlein bricht die Musik jäh ab, und – hast du’s gesehen? – stiebt die Hexenbande auf und davon, dem Ruospishäuslein zu. Noch sieht man’s dort rötlich aufleuchten und hört ein schwaches, aufgeregtes Surren – dann ist alles totenstill. Das rote Licht wurde schon von vielen gesehen, und ein tapferer Bursche, der einst ins Ruospis hinaufstieg, um den ganzen Spuk zu ergründen, schob seinen Stecken in ein Mauerloch des Häusleins. Als er ihn wieder herauszog, war die Spitze verkohlt. Sonst aber gewahrt man tagsüber weder auf Ruospis noch auf dem Hexenplatz etwas Verdächtiges.

Wie die Hexen zu ihrem Tanzplatz kamen, wusste ein Sentbauer im Diestal zu sagen, der schon längst gestorben ist. Dieser beklagte sich einmal bei einem fahrenden Schüler, weil die Kühe gar keine rechte Milch, sondern nur einen gelben, widerlichen Schleim gaben, den er weder zum Käsen, Anknen oder zum Kälber absaugen brauchen konnte. Der Fremde hörte verständnisvoll zu und sagte schliesslich, er solle dem Teufel ein Stücklein Alpboden überlassen, dann habe er Ruhe. Der Bauer folgte dem guten Rat, und wirklich, von Stund an konnte er wieder melken, anknen und käsen wie andere Sennen. Aber dafür gehört nun jenes Bödeli den Hexen.

 

Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch

Diese Website nutzt Cookies und andere Technologien, um unser Angebot für Sie laufend zu verbessern und unsere Inhalte auf Ihre Bedürfnisse abzustimmen. Sie können jederzeit einstellen, welche Cookies Sie zulassen wollen. Durch das Schliessen dieser Anzeige werden Cookies aktiviert. Details finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Cookie Einstellungen

Diese Cookies benötigen wir zwingend, damit die Seite korrekt funktioniert.

Diese Cookies  erhöhen das Nutzererlebnis. Beispielsweise indem getätige Spracheinstellungen gespeichert werden. Wenn Sie diese Cookies nicht zulassen, funktionieren einige dieser Dienste möglicherweise nicht einwandfrei.

Diese Webseite bietet möglicherweise Inhalte oder Funktionalitäten an, die von Drittanbietern eigenverantwortlich zur Verfügung gestellt werden. Diese Drittanbieter können eigene Cookies setzen, z.B. um die Nutzeraktivität zu verfolgen oder ihre Angebote zu personalisieren und zu optimieren.
Das können unter Anderem folgende Cookies sein:
_ga (Google Analytics)
_ga_JW67SKFLRG (Google Analytics)
NID (Google Maps)