(Erste Version)
Damals in der Zeit, da so viele Ritter nach dem Heiligen Lande zogen,... war auch einer aus jener Feste, an deren Stelle jetzt der Munot steht, schon seit Jahren in der Ferne und keine Kunde von ihm gekommen zu seiner treuen Gemahlin. Aber er hatte ihrer nicht vergessen und war im Anzuge; nur der wilde Wald trennte ihn noch von seiner heimatlichen Burg, wo er die Getreue wiederzusehen hoffte. Aber schon ist le Nacht eingebrochen, und doch möchte er an demselben Tage sie noch wiedersehn und reitet mutig in den Wald hinein. Da bricht ein Gewitter los, der Bach schwillt an, der treue Ritter verliert den Pfad samt seinen Begleitern; sie stürzen in die wilden Fluten und finden darin den Tod. Nur einer rettet sich und bringt in nächtlicher Stunde der harrenden Gemahlin die Nachricht von seinem Tode. Sie hört dieselbe mit tiefem Schmerze. Doch damit von nun an die Verirrten in der grausen Wildnis den Weg besser fänden zu menschlichen Wohnungen, stiftet sie aus ihrem Gut ein silbernes Glöcklein, das sollte alle Nacht um dieselbe Stunde, da ihr Getreuer gestorben, durch die Gegend erschallen und sie an ihres Gatten Treue erinnern. Darum wird noch alle Abende um 9 Uhr das Glöcklein auf dem Munot eine Viertelstunde lang [heute fünf Minuten] geläutet, und sein klagender Ton erinnert an den Schmerz der Stifterin, die ihren treuen Gemahl so traurig verloren. Das ist die Sage vom sogenannten Nünyglöckli.
Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch