Nicht gar weit von der Grenzmauer zwischen den zwei Gemeinden Saas-Balsm und Saas-Fee befindet sich am Ende der Baumregion eine Tiefe Bergmulde, die in eine weite Ebene ausläuft. Das ist der obere Sengboden. An diesem weltabgeschiedenen Orte wurde vor vielen Jahren ein sogenannter verborgener Tanz veranstaltet. Der Geiger, der bei diesem Tanze aufspielen sollte, fürchtete den wachsamen Pfarrherrn und den strengen Vorsteher und wollte nicht mitkommen, bis man ihm versprochen hatte, man wolle ihn in einem Bündel Stroh über den Bordsteg tragen, damit er später bei allfälligen Schwierigkeiten mit gutem Gewissen sagen könne, er sei nicht über diese Brücke getreten.
Als die Tänzer und Tänzerinnen alle erschienen waren, ging der Tanz los. Die nahen Felsen widerhallten von den fröhlichen Weisen des kundigen Geigers und den frohen Jodlern der übermütigen Tänzer und lebenslustigen Tänzerinnen. Zur Beleuchtung des Tanzbodens hatte man in einem ebenen Steine eine schüsselförmige Grube ausgehauen, worin man ein flackerndes Lichtlein unterhielt und mit Fleischfett speiste. Diese primitive Lampe soll noch heute zu sehen sein. Auch habe man vor langer Zeit noch eine Steinplatte mit den Namen der Tänzer beobachtet, hiess es.
Drei Tage und drei Nächte lang wurde getanzt. Als endlich in der dritten Nacht das Lampenfett ausging, versuchte man es mit Schnee. Und richtig, der Schnee brannte nach Wunsch und Willen. Schon aus diesem Umstande Konnte man schliessen, dass da nicht alles in Ordnung war. Man erfuhr es aber auch später: Diesen Tanzboden traf der Fluch. Weder Kraut noch Gras spriessten fürderhin darauf, und kein lebendes Wesen konnte nachts dort Ruhe finden, zur gerechten Strafe mussten die Geister da tanzen, bis sie Erlösung fanden.
SAAS-BALEN
Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch