Um 1860 herum ging ein Knabe von fünfzehn Jahren mit einem Freunde nach der Baltschiederin. Für ihn war es ein angenehmer Spaziergang, und er begleitete darum gern seinen Freund zu dessen Eltern, die dort an der Arbeit waren. Als er mittags nach Visp zurückkehrte, traf er auf dem Heimweg einen Baltschiedner mit Namen Schnydrig, einen Mann, den er sehr gut kannte. Der Knabe grüsste den Mann und fragte ihn, wohin er gehe. «Nach Visp», lautete die Antwort. «Gut», sprach der Knabe, «dann komme ich mit.»
Als sie eine Weile miteinander marschiert waren, verschwand dieser Baltschiedner auf einmal wie ein Schatten über den Rand einer Wasserleitung. Der Knabe erschrak, ging eilig seinen Weg weiter, bis er einen Wagen Heu antraf, auf den er sich setzte und nach Visp zurück fuhr.
Nicht lange nachher sah der Knabe den vermeinten Baltschiedner und erzählte ihm, was passiert war. Doch der Baltschiedner wollte nichts davon wissen. Da erkannten sie, dass der geheimnisvolle Begleiter der Geist dieses Mannes gewesen war.
Sie erinnerten sich an das, was der Volksmund von diesen Geistererscheinungen erzählt: Wenn der Geist zur Kirche geht, stirbt die Person im Laufe des Jahres, wenn aber der Geist von der Kirche weggeht, wird die Person sehr alt. Dieser Baltschiedner, der erst um 1900 herum gestorben ist, wurde tatsächlich sehr alt.
BALTSCHIEDER
Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch