Die Kuhhaut

Land: Schweiz
Kategorie: Schwank

Einmal verlor in einem Dörflein ein armer Mann seine einzige Kuh. Er nahm die Haut und ging in die Stadt, um sie zu verkaufen. Es war aber schon spät am Abend, und er musste im Wald unter einer Tanne übernachten. Um Mitternacht hörte er von weitem einen Lärm, da kletterte er ganz leise mit der Kuhhaut und allem auf die Tanne. Kaum war er zuoberst, so kam eine ganze Bande von Dieben. Die machten unter der Tanne ein grosses Feuer und fingen an, auf einem Tischlein daneben Geld zu zählen. Der Mann auf der Tanne oben zitterte furchtbar vor Angst. Da musste er plötzlich die Kuhhaut fallen lassen. Die Diebe erschraken schauderhaft, denn die dürre Kuhhaut krachte laut zu Boden. Die Diebe liessen das Geld dort, wo es war, und flohen weit in den Wald hinein.

Da machte der Mann sich schnell auf die Socken und stieg von der Tanne herunter und nahm so viel, wie er tragen konnte. Er liess die Kuhhaut, wo sie war, und rannte nach Hause. Am andern Tag schickte er seine Frau zum Nachbarn, sie solle einen Scheffel holen, um das Geld zu messen. Denn es war so viel, dass er es nicht zählen konnte. Die Nachbarin nahm es wunder, was denn dieses Bettlerpack mit dem Scheffel zu messen hätte, sie getraute sich aber nicht zu fragen. Doch sie bestrich den Scheffel mit Pech, damit das, was sie messen würden, daran hängenbleibe und sie so draufkäme. Als die Frau den Scheffel zurückbrachte, klebte ein Goldstück daran.

Da ging der Nachbar schnell zum armen Mann und fragte, ob sie den Scheffel vielleicht zum Geldmessen gebraucht hätten, und woher sie so viel Geld hätten. Der Mann erzählte des langen und breiten, wie es ihm gegangen war. Da schlachtete der Nachbar am andern Morgen früh seine zwei schönsten Ochsen und häutete sie ab. Er nahm die Häute, ging in den gleichen Wald, kletterte auf die gleiche Tanne, und um Mitternacht kamen die Diebe wieder darunter zusammen, machten ein Feuer und fingen an, Geld zu zählen. Nach einer Weile liess der Mann die beiden Häute fallen, doch diesmal erschraken die Diebe nicht, sondern brüllten gleich: «Komm nur herunter, jetzt bist du dran!» Sie zerrten den Mann von der Tanne herunter und brachten ihn um.

 

Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2002. © Ursula Brunold-Bigler.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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