Die Taube

Land: Schweiz
Kategorie: Zaubermärchen

Es war einmal ein Ritter, der suchte einen Dienst bei einem König. Abends spät kam er zu einem Schloss, wo niemand wohnte. Dennoch ging er ohne Angst hinauf, und als er in den Saal kam, fand er auf dem Tisch ein prima Nachtessen vor. Die guten Sachen schmeckten ihm, und er ass mit Lust.

Plötzlich aber kommt ein Fuchs zur Tür herein und sagt: «Ihr habt verzauberte Speisen gegessen, jetzt müsst Ihr mir sieben Jahre lang dienen; während dieser Zeit dürft Ihr dieses Kämmerlein nicht öffnen, sonst geht es Euch schlecht!»

Da ihm nichts anderes übrigblieb, hackte der Ritter Holz und hoffte, er sei in sieben Jahren frei. Aber die Neugier überwältigte ihn, und bevor das letzte Jahr vorbei war, musste er ins Kämmerlein schauen. In dem Augenblick sprang der Fuchs hervor und sagte: «Jetzt musst du nochmals sieben Jahre lang Holz hacken, aber öffne um Gotteswillen das Zimmer nicht, bevor die Zeit vorbei ist!»

Unser Ritter hackte fünf Jahre lang Holz, da packte ihn wieder die Neugier. Er konnte sich nicht beherrschen, denn der Neugierteufel verführte ihn, die Tür zu öffnen. Da kam der Fuchs heraus, er weinte und sagte: «Wenn du in den sieben kommenden Jahren nicht gut aufpasst und während dieser Zeit wieder ins verbotene Kämmerlein schaust, müssen wir beide hier tausend Jahre lang verzaubert bleiben!»

Das ging dem Ritter dann zu Herzen, und er hackte während sieben Jahren fleissig Holz und schaute nie ins verbotene Kämmerlein. Diesmal kam der Fuchs mit Freudentränen in den Augen aus dem Kämmerlein und befahl dem Ritter, er solle mit allem Holz, welches er während dreimal sieben Jahren gehackt habe, einen Scheiterhaufen errichten und ihn darauf legen. Der Ritter tat das voller Entsetzen, er legte den Fuchs auf den Holzhaufen und wartete darauf, was da kommen sollte. Da begann es zu donnern und zu blitzen, und im Nu stand der Scheiterhaufen in Flammen. Aber der Fuchs flog in Form einer weissen Taube himmelwärts und sagte: «Alle Güter, die Wiesen, die Äcker, die Wälder zusammen mit dem Schloss gehören meinem Erlöser!» Und der Ritter wurde Erbe all dieser Reichtümer und war ein feiner Herr. Dieser Fuchs war eine arme Seele.

 

Thompson Mot. C 611 (Das verbotene Zimmer)

 

Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2002. © Ursula Brunold-Bigler.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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