Auf einem der Äste des Jura über dem Dorfe Ettingen liegen die Ueberreste der Burg Fürstenstein, einst der wehrhafte Wohnsitz der Herren von Rothberg. Einer der tapfersten dieses Stammes war Hans von Rothberg, der im vierzehnten Jahrhundert lebte und dessen Tugend und Männlichkeit Gott durch die wunderbare Rettung seines Kindes schon auf Erden lohnte.
Als einst, so geht nämlich die Sage, der Ritter zu Basel bei seinen Bekannten war, lustwandelte seine Gattin mit ihrem Kinde, einem blühenden Töchterlein, in der Umgebung ihres Wohnsitzes. Das Kind suchte Feldblumen und Erdbeeren, die sie freudig der Mutter brachte, welche sich im Schatten eines Baumes auf einem Rasenplatz niedergelassen hatte. Da plötzlich hört die Mutter einen Angstruf. Sie springt auf und eilt dem Orte zu, wo sie ihr Kind am Bergesabhang zuletzt erblickt. Ein schauderhafter Abgrund gähnt ihr entgegen, aber nirgends sah sie das Mädchen. Umsonst rief sie mit Schmerzenstönen in die grausenhafte Tiefe, aber nur das Echo gab den Ruf der unglücklichen Mutter zurück. Da stürzte sie, ihr Kind dem Schutze der Mutter Gottes empfehlend, auf steilem Pfad hinunter in das Tal. Aber siehe o Wunder! kaum unten angelangt, kommt der Verzweifelten das totgeglaubte, das Körbchen voll Erdbeeren, freudig entgegen und erzählt: eine wunderschöne Frau habe es mitten im Falle in ihre Arme geschlossen und unten im Tal leis und sanft auf den Rasen gesetzt. Dort habe es die Erdbeeren gepflückt, welche es jetzt dem Vater bringen wolle. Dieser wunderbaren Rettung zum Gedächtnis soll nun der erfreute Vater eine Kapelle erbaut haben, die heute noch im Wesen ist und welche zur Erbauung des Klosters Mariastein, die später erfolgte, Anlass gab.
C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.