Den verwünschten Feuermann erlöst

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Vor Jahrhunderten machte sich ein Reicher sein Spiel daraus, die Armen unter dem Scheine der Freigebigkeit ins Haus zu locken und sich an den Schmerzen zu ergötzen, die seine Grausamkeit da für sie ausgesonnen hatte. Er liess dazu auf der inneren Seite der Hausschwelle eine Fallthüre anbringen, durch die jeder Eintretende in ein finsteres Gemach hinabstürzte. Dort nahmen ihn gleich zwei schwarze Fanghunde in Empfang und schleppten ihn vor den Herrn, der sich dann am Schrecken seines Opfers weidete. So sah er denn einst einen kleinen Mann von sonderbarer Gestalt unten auf Almosen warten, und winkte ihm, in den Hausgang herein zu kommen. Der Kleine that's und versank dorten ebenfalls, wie jeder vor ihm. Gleich stand auch der Reiche unten, begierig den zwergigen Bettelmann durch die Hunde herbei gehetzt zu sehen. Diese aber rührten sich diesmal nicht, sondern das Männlein, so alt und gebückt, dass ihm sein Hut beinahe übers Knie herein hieng, trat auf den Unbarmherzigen zu und sprach: „Ich will dir mit Sonntagsbrod Fische fangen! Im Weiher draussen kannst du warten, bis dein Fluch kommt!“ So geschah`s.

Schon einige Tage schwamm die Landstrasse im Regen, und noch goss es vom Himmel herunter. Rechts war der Sumpf ausgetreten und hatte den Weg überdeckt, links hin war alles unfahrbar, und eine finstere Nacht hatte sich zudem schon früh eingestellt. Da sollte heute noch ein Fuhrmann vorbei, der überladen hatte und zu geizig gewesen war, im letzten Dorfe Vorspann zu nehmen. Der Wagen sank immer tiefer, die Pferde blieben stecken, der Knecht musste im Bodenlosen und Stockfinsteren endlich aufhören, die Thiere zu peitschen. Da kein Antreiben, keine Wagenwinde mehr half und die ganze Fuhre nun unbeweglich dastand, brach er zuletzt in so ungemessene Verwünschungen und Flüche aus, dass Himmel und Erde hätten zittern mögen. Plötzlich war Licht um ihn. Ein feuriger Mann tanzte drüben auf dem Sumpfe und schien von Funken sich zu schütteln. „Daher gezündet, Hallunke!" schrie der grobe Knecht hinüber, „oder ich will dich kuranzen." Sogleich stand der Irrwisch in der Nähe, leuchtete zwischen das Rad, wo es schief gesessen, flackerte den Rossen voraus, bis jedes Kettenglied glatt lag, und bediente die Fuhre so gut, dass sie bald wieder von der Stelle war. Am Ende des Sumpfes liess der Knecht seine Pferde verschnaufen, da hielt auch der Irrwisch still. „Willst auch noch Trinkgeld, Donnersschelm?" schnauzte der Kutscher, erschrak aber nicht wenig, als eine schmächtige Stimme erwiderte:

„Nummen ufbahre

Und zum Chillef fahre!“

Gerade noch so lange war's hell, dass der Knecht ein vor dem Wagen querüber liegendes hölzernes Kreuz sehen und aufladen konnte. Dann schien der Irrwisch versunken. Der fluchende Fuhrmann hatte ihn wohl verstanden, und warf das Kreuz im Vorbeifahren am nächsten Kirchhof über die Mauer hinein. Um jenen Ort ist nun Ruhe.

Quelle: E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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