Als einst ein Weib in Seon ein unehlich Kind bekam, sann sie darauf, es umzubringen und lief damit dem nächsten Weiher zu. Bis dahin musste sie aber durch so manchen Bauernhof, dass sie befürchtete, schon gesehen worden zu sein, und so machte sie sich von diesem Platze hinweg und gieng dem Dorfe Seengen zu, wo der Feuerweiher ist. Auch hier geschah ihr wie beim ersten Versuche, die Angst, gesehen zu sein, hinderte sie an der Unthat. Gleichwohl sollte das arme Kind einmal nicht leben, also gieng sie denn weit von allen Behausungen zum Aabache hinunter und warf es da ins Wasser. Im selben Augenblicke bewegte sich jedoch ihr Herz, sie suchte das arme Würmlein wieder zu retten und sprang ihm nach bis zur Mühle hinunter; vergebens. Als sie es endlich hier trotz des raschen Laufes des Wassers herausziehen konnte, war das Kind schon todt.
Seitdem erscheint das Bachmaidli an jenen drei Wassern und nimmt ihren Weg unabänderlich durch alle jene Höfe und Häuser hindurch, denen sie bei ihrer That ausgewichen ist. Dies soll so oft geschehen, als die Geisterkutsche kommt, die von Teufenthal aus nach dem Seethal hinüber fährt. Dann fängt der Geist, den man das Bachthal-Anneli nennt, zu wimmern an, und von dem Waldplatze aus, welcher Gerstenmühle heisst, weil da noch Trümmer einer alten Wohnstatt liegen, begiebt sie sich auf ihre nächtliche Wanderung.
Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1, Aarau, 1856
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch