Z’Rütschele
We me vo Madiswil gäge Rütschele geiht, chunnt me dür ne Hohle. Rächter Hang isch e Sangsteiflueh. Do drinne, het mer albe dr Vater gseit, sig d’Frau Faschte. Am heilige Obe dörf me nid z’lang chilte, süsch erwörg sie ein. Wo-n-i e chline Bueb gsi bi, han i das glaubt, un i hätt mi nid trauet‚ z’Nacht do düre z’laufe.
Warum trägt aber, so fragen wir uns, dieser weibliche Dämon den Namen „Frau Fasten“?
Der Kirchmeier von Rohrbach schreibt 1740 in seine Rechnung: „Uf dän 4 tag hohrnung hab ich däm schull meister zu Rohrbach däm Felix Iff frau fastengält zalt für schull lohn für wiehnacht 1739…“ Die Eintragung zeigt, dass Fronfasten als Frau Fasten gedeutet wurde. Auf den Mittwoch, der Weihnachten vorausgeht‚ fällt die Weihnachtsfronfasten; denn Fronfasten kehrt als Kalenderdatum in Abständen von je drei Monaten viermal innerhalb eines Jahres wieder. Aber „Frau Fasten“ ist sicher keineswegs die blosse Personifizierung eines Kalenderdatums; ein anderer Name, der ursprünglicher war, ging verloren.
Frau Fasten tritt, wenigstens bei uns, nicht das ganze Jahr hindurch in Erscheinung. Während der „Zwölften“, der kurzen Tage, geht sie über die verschneiten Wege und klopft zur Zeit der Kiltnacht an Fenstern an, wenn in der Stube die Bäuerin am Spinnrad sitzt. Den kurzen Tagen aber geht Weihnachtsfronfasten unmittelbar voraus. Ihr Auftreten zeigt uns, dass es Fronfasten vor Weihnacht war, die zur Bildung des Namens Anlass gab. Zu den andern Fronfastenzeiten erscheint Frau Fasten nicht.
M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.