In einem entlegenen, einsamen Häuschen auf Seelisberg spukte es; das wusste jeder in der ganzen Gemeinde. Da wetteten sie einst mit einem Schuhmacher, er dürfe gewiss nicht eine ganze Nacht in jenem Häuschen bei einem Toten wachen. Er aber nahm die Wette an; es galt ein schönes Sümmchen Geld. Sie mussten ihm eine Flasche Schnaps und zwei Lichter mitgeben, eines für den Toten und eines für ihn selber. Und so ausgerüstet, machte er sich auf den Weg, nahm seine Schusterwerkzeuge und Schuhe mit und liess sich gemächlich in dem Häuschen nieder und schusterte drauf los. In das Totenbett jedoch hatten sie heimlich statt einer Leiche einen lebenden Menschen gelegt. Auf einmal regte sich dieser unter dem Leintuch, das ihn deckte, und hob ein wenig den Kopf, »hed üffg'g upfet«. Der Schuhmacher schaute so und sagte nichts. Zum zweiten Male hob jener den Kopf. Der Schuhmacher sah es und sagte laut: »Tot isch tot; wenn d'tot bisch, sä gupfisch nimmä!« Nach einer Weile regte es sich wieder unter dem Leintuch. Da rief der Schuhmacher ein bischen ernsthaft: »Jä, ich ha g'säit: tot isch tot; wenn d'nu einisch gupfisch, sä schlah-n-i mid-em Chlopfhammer dri!« Und wirklich, nach einer längeren Pause gupfet's zum vierten, aber auch zum letzten Male. Der »Schüehni« ergreift den Klopfhammer und schlägt auf den Kopf los, indem er dazu sagt: »Jetz bisch g'wiss tot.« Am folgenden Morgen fanden sie dann einen wirkliche Leiche auf dem Totenbett.
Zacharias Zurfluh, Frz. Aschwanden u.a.
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.