1. Ein reicher, habsüchtiger Bauer beneidete seinen ärmern Nachbarn, der ein schönes, aber ganz überschuldetes Anwesen besass. Damit hätte er so schön sein eigenes Besitztum abrunden können. Das arme Bäuerlein war aber nicht zu bewegen, sein Gut zu verkaufen, daher verband sich der andere mit einem schlauen Advokaten, mit dessen Hilfe er durch Prozessieren, durch Listen und Kniffe das verschuldete Bäuerlein, das auch bei ihm Geld entlehnt hatte, um alles und an den Bettelstab brachte. Später aber rührte sich das Gewissen des ungerechten Bauern, und es wurde ihm Angst ob seiner Missetat. Er ging wieder zum Fürsprech und klagte ihm seine Gewissensbisse. Der beruhigte ihn und sagte, er nehme alles auf sich. Sie machten miteinander aus, welcher von ihnen beiden zuerst sterbe, solle dem andern erscheinen und ihm offenbaren, wie es ihm ergangen vor dem göttlichen Gerichte. Der Fürsprech starb zuerst, aber er erschien nicht, und der Bauer dachte schon, der sei schlecht gestorben, dass er nicht Gewalt bekomme, sich zeigen zu können. Eines Tages begegnete ihm aber in seiner Matte ein schwarzes Hündchen, das ihn bis nach Hause begleitete und sonderbar tat, sodass er's endlich fragte, ob es ein Hund sei, oder was es sei. Da fing es an zu reden und bekannte, es sei jener Advokat, der ihm geholfen, den armen Nachbarn zu berauben. Er sei immer und ewig verloren. Das Reden habe ihm da drüben nichts genützt; man habe ihn gar nicht angehört. »Und auch dir wird es um kein Haar besser gehen, wenn du nicht das ungerechte Gut mit Zins und Zinseszinsen zurückerstattest!«
Frau Arnold-Gisler, Schächental, 50 J. alt, u.a.
2. Zwei geriebene Advokaten hatten miteinander verabredet, dass derjenige von ihnen, der zuerst sterbe, dem andern erscheinen und sagen solle, ob man da drüben mit Reden auch etwas erreiche. Der etwas bessere starb zuerst. Er erschien dem Kameraden und sagte nur: »Kei's Wort häint-s-mi lo redä.«'
M. Anna Schmid, Hospental
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.