Grenzstreit zwischen Brütten und Winterberg
An die Grenze zwischen der Brüttener Gemeindewaldung „Urwachs“, an der Steig gelegen, und der Korporationswaldung der Zivilgemeinde Winterberg knüpft sich eine alte Sage: Die Brüttener behaupten nämlich, der sogenannte Wöschbach, in welchem in mondhellen Nächten Waschfräulein ihr Wesen treiben sollen, habe in früherer Zeit die beidseitige natürliche Grenze gebildet; aber durch eine List habe Winterberg seine Waldung in der Vorhell zum Nachteil von Brütten vergrössern können. Und das ging so zu: Vor dem Gericht, das die Grenze festzusetzen hatte, erschien je ein Abgeordneter der beiden Ortschaften; die Richter konnten aber zu keinem Entscheide kommen und legten deshalb den beiden die Leistung des Eides auf. Der Winterberger, der daheim schon gedacht, er müsse wohl einen Eid leisten für seine Behauptung, dass sich die Grenze nördlich des Wöschbaches befinde, setzte einen Zylinderhut auf, in dem er einen Schöpfer (Milchmass) und einen „Richter“, „Richtstrehl“ (Haarkamm) verborgen hielt, und so schwur er, so wahr ein Schöpfer und ein Richter über ihm seien, befinde sich die Waldgrenze ein gut Stück nördlicher. Der Abgeordnete von Brütten, der durch das kecke Auftreten seines Rivalen wahrscheinlich eingeschüchtert war, getraute sich nicht mehr, einen Schwur zu tun. So bekam Winterberg Recht, und heute bildet eine Strasse die Grenze der Waldungen.
Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland
Nach Gchr. Brütten 1919; darnach Stauber, S. 72, mit geringen stilistischen Änderungen.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.