Am rechten Zürichseeufer lagen etwa fünfzig Männer aus den Waldstätten in "Leistung" wegen allerlei verübten Freveln. Sie mussten also eine Zeitlang das angestammte Vaterland meiden und sich in der Fremde aufhalten; nach Jahren erst konnten sie wiederum heimkehren. Laut alter Tradition soll der Grund ihrer Verbannung folgender gewesen sein:
Zu Steinen im Schwyzerland war eine bildhübsche Tochter. Sie wurde von ihren vielen Verehrern aus der ganzen Nachbarschaft recht häufig und gern besucht, und zwar kamen viele der Bewerber nach der alten Landsitte des Nachts zur Schönen. Als wieder eines Nachts eine grosse Schar von jungen Burschen vor das Haus der Steiner Maid kam, gewahrten sie, dass sie zu spät gekommen, denn die Stube war schon gefüllt mit Nebenbuhlern. In Scherz und Spott riefen sie zu den Fenstern hinauf und forderten sie mit verstellter Stimme auf, dass man draussen um die minniglich Jungfer kämpfen wolle. Der Aufruf wurde zur Tat. In der wilden Balgerei wurde einer der Burschen aber getötet. Nach langem Untersuch fand man endlich den schlimmen Täter. Das Blutgericht zerfiel in zwei Hälften, die einen wollten den Tod des Übeltäters, die andern Richter aber sträubten sich gegen das harte Urteil. Der Landammann musste den Stichentscheid geben; er sprach für den Tod. Nicht lange nach der Hinrichtung ritt der hartherzige Landammann vom Flecken Schwyz nach Steinen. Freunde des Hingerichteten, die auch beim nächtlichen Wettkampfe beteiligt waren, lauerten dem gestrengen Amtmann auf, rissen ihn vom Pferd, enthaupteten ihn und legten den Kopf unten, den Körper oben an die Strasse, sodaß ein Wagenrad bequem passieren konnte. Wegen des Mordes am Landammann wurden fünfzig Burschen aus den Waldstätten verbannt.
Als die Österreicher die schwyzerische Heimat bedrohten, wollten die Gebannten zu Hilfe eilen. Ihre Kampfbitte sei aber von den Schwyzern abgewiesen worden. Darauf hätten sich die Verbannten vor die Schwyzer Landesgrenze auf die Figlenfluh begeben und sich zum Überfall auf die landesgierigen Österreicher in Hinterhalt gelegt. Mit seltenem Mut kämpften sie dann im Engpass Schulter an Schulter mit den Ihrigen und nach dem glorreichen Sieg habe man die Überlebenden begnadigt.
Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 37
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.