Eine 80jährige Witwe von Seedorf erzählt jä de firni g'wissni Wahrheit, das chennet iähr miär de gläubä!
»Als ich noch ledig war, ging ich einmal mit einer Freundin über die Seedorfer Allmend, so durch ein Gängli zwischen den Erdäpfelgärten gegen den Bodenwald hinauf. Da begegnete uns ein wüstes, schwarzes Guschi in uralten Kleidern; mä hätt sellä meinä, sy wäret scho i ds Noi's Archä g'sy. Statt des Hutes trug es ein Zeintli auf dem Kopf. Da wir es ein wenig betrachteten, gab es uns so einen giftigen Blick und schnerzte uns an: »Worum g'schäuwet iähr mich äso? ha-n-i eppä Hoorä?« »E nu, rächt Lytt darf mä nu eppä-n-a'lüegä, und wennd-s' grad nitt scheen sind,« sagte ich und ging weiter, bemerkte aber zu meinem Gespan: »Bim Eid! das isch ä Pfaffächälleri g'sy; da chunnt g'wiss bald ä Bach durch das Gängli appä.« Und richtig! noch vor Sonnenuntergang kam ein schreckliches Hagelwetter, der Palanggä (Bach) brach aus, und ein Arm desselben wälzte sich gerade durch jenes Gängli hinunter.
Zur nämlichen Stunde hat auch ein Geissbub, der in der Nähe von Scharti Ziegen hütete, so ein Guschi gesehen. Das Hagelwetter tat so unverschämt, dass die Rübenen überall losbrachen und alle Wege ruinierten. Der Bub musste mit seinen Tieren nach Isental hinunter und kam an diesem Abend nicht nach Seedorf heim.«
K. Tresch-Gisler
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.