Von unterirdischen Gängen
Wie die Alten wissen wollten, hatte jede Burg ihren unterirdischen Ausgang. Diese Schlüffe hatten natürlich einmal eine Bedeutung. Man dachte sie sich als Verbindungswege zwischen den Burgen. Noch heute sagt man Bauma, dass früher einmal ein unterirdischer Gang bestanden habe zwischen den Burgen Werdegg und Sternenberg. Der war so gross, dass die Werdegger imstande waren, darin in den Sternenberg hinauf zu reiten. Im Hagheerenloch seien die Gänge beider Burgen zusammengestossen. - Vom Eichschloss führte ein solcher Gang ins Lobach-Tobel. Die Burgen Kempten und Wetzikon waren auf gleiche Art miteinander verbunden und ebenso die Schlösser Grüningen und Liebenberg.
Vom Rappengubel bei Steg, sagt man, habe ein unterirdischer Laufgang nach dem Wirtshaus zum Steg bestanden, so hoch, dass die Hagheeren darin zu Ross auf und ab reiten konnten. Am unteren Bachtel führte auch ein Hagheerenweg durch Holz. Man sieht dort eine lange, dem Hügel gleichlaufende Krinne im Boden. Dieser Graben rühre her von einem zusammengefallenen unterirdischen Hagheerenweg.
Vom Batzberg bei Wald führte einst ein Gang hinunter bis zur Wellenwoog an der Jona. Vom Ritterhaus Bubikon soll ein unterirdischer Gang bis an den Zürichsee hinüber geführt haben. Es sind noch die Gänge vom Schloss Girenbad und von der Burg bei Fehraltorf zu erwähnen. Wahrscheinlich hat man früher noch von weiteren solchen sagenhaften Gängen gewusst.
Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland
Fr. 12. 7. 1924; Kaspar Keller, Chelleländer Ard und Brüüch, S. 61; Stutz, Gchr. Wald; mdl. von Alb. Honegger, Orn; Jak. Honegger, Hinwil (Holzweid); H. Brüngger, Fehraltorf u. a. Unterirdische Gänge werden beinahe jeder Burg zugelegt. Über einen solchen in Grüningen berichtet Oberamtmann Escher, der daselbst zwei Amtsdauern (12 Jahre) regierte, in seinen „Erinnerungen“ (1866/67) S. 234: er schreibt: „Es wurde auch behauptet, es führe ein unterirdischer Gang nach der Burg Liebenberg im Brand… Damit mochte es sich folgendermassen verhalten haben: in der am Fusse des Schlosses befindlichen Erspelwiese war eine dem Burgverliess nahe Stelle sumpfig, und nicht unwahrscheinlich ist, dass aus dem Verliess eine Öffnung dahin führte, welche nachher von Schutt verstopft und von Sumpfpflanzen verwachsen war. Einmal in die Erspelwiese gelangt, war es in jener Zeit leicht… nach Liebenberg zu gelangen, längs der noch zu meiner Zeit mit Wald bedeckten Hügelreihe. Diese Kommunikation konnte dienen, hin und her Berichte zu geben, Nahrungsmittel zu bringen, Verstärkung zu senden oder die Flucht zu begünstigen.“
S. 233 beschreibt Escher, wie er einmal einen Ausbrecher wirklich ins Verliess hinabliess. Dabei gibt er eine nüchterne Schilderung dieses Raumes: „Das Verliess war einige Wochen vorher durch Weghebung der dasselbe bedeckenden Laden geöffnet worden, da man neugierig war, wie dasselbe beschaffen und ob dort bemerkenswerte Gegenstände, Folter, Werkzeuge, Fesseln, Gerippe oder dergleichen zu finden sei. Der bei mir stationierte Landjägerunteroffizier und der Amtsweibel liessen sich an den Seilen hinab mit Laterne und und Stroh versehen, brachten aber den Bericht, dass nichts Bemerkenswerten zu finden gewesen, und dass auch keine Reptilien sich darin aufhalten.“ - Der unterirdische Gang im Ritterhaus Bubikon wurde durch die Ritterhausgesellschaft kontrolleirt; er führte bis zu einer Brunnenstube.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.