Das Hagheerenloch
Am Teufenbach, oberhalb Bauma, liegt unweit des Höchstocks eine Höhle, die das Hagheerenloch heisst. Alte Überlieferung will, dass in dieser Höhle die unterirdischen Gänge aus der Burg im Sternenberg und von der Burg Werder bei Hittnau zusammentreffen. Der hintere Teil der Höhle ist zerfallen. Aber gerade dort bestanden in alten Zeiten viele Gewölbe und Gänge. Der Zugang aber war von einer eisernen Türe geschlossen. Von fahrenden Schülern wusste man, dass hinter dieser Türe ein grosser Schatz liege, zu dem aber kein sterblicher Mensch komme, denn erstens habe sich eine schwarze Schlange um die drei schweren Riegel der Türe gewunden, und und zweitens Iiege hinter dem Tor ein grausamer Drache. Nur wer sich dem Teufel verschreiben wolle, könne den Schatz heben.
Nun lebte in verflossenen Zeiten einmal ein armes Mädchen in der Gegend und dieses war mit einem reichen Burschen heimlich versprochen. Der Vater des Burschen wollte von dieser Verbindung nichts wissen, weil der das arme Kind verachtete. In seiner Not ging es, ohne seinem Liebsten etwas zu sagen, in das Hagheerenloch, um von dem Schatze einen bescheidenen Teil zu heben, damit es nicht weiter von seinem künftigen Schwiegervater gering geschätzt werde. Durch Beten zwang es Schlange und Drachen, sich zurückzuziehen. Es schöpfte hierauf eine Schürze voll von den kostbaren Schätzen, vergass aber in seinem grossen Glücke eine kurze Weile das Beten, und schon schnappte der Drache zu und verschlang das gute Kind. Seiner Seele aber konnte er nichts anhaben. Als weisse Taube umkreiste sie dreimal das Haus ihres Geliebten und flog in den Himmel hinein.
Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland
Heute noch mündliche Überlieferung in der Gegend von Bauma. Stutz, S. 149. Id.3, 1032
Hag, noch in der mhd. Bed. Einhegung, Einfriedung, zunächst aus hölzernem Pfahlwerk, wie solches urspr. zu Burgen verwendet wurde. Im weiteren Sinn bedeutet „Hag“ dann den verzäunten Ort als Sitz des Burgherrn. Hag-Heer, im Oberland auch Hageer, eigentlich Schlossherr, im übertragenen Sinn typisch Tyrann, Gewaltmensch, Übermütiger, Wüterich.
Bei Stutz sind alle ehemaligen Burgen Hagheerenschlösser; Leuteschinder nennt er Hagheeren. Die Ausdrücke H. und H.-Schloss gehörten im 19. Jahrhundert noch zum gebräuchlichen Wortschatz. In den Verhörprotokollen über den Usterbrand (Gerichtsprot. YY, Staats-A. Zürich) erklärte Heinrich Hürlimann von Hombrechtikon, er wolle die mechanische Weberei zerstören, weil solche Fabriken Hagheerenhäuser seien, die den Armen das Brot nehmen. Nebenbei ist zu erwähnen, dass die landläufige Meinung über das Leben der Ritter bis ins 20. Jahrhundert hinein war, dass auf den Burgen (H.-Schlössern) fortwährend gespielt, gezecht und geschlemmt wurde.
Von anderen Hagheerenlöchern im Tösstal
Im Hagheerenloch zu Sternenberg fand man einen steinerne Sarg mit einem Gerippe. Aus dem Hagheerenloch bei Bäretswil kam ein rotes Tier zum Vorschein, und es sollte sich ein Schatz darin befinden. Die Hagheerenlöcher im Fischenthal (bei den Höfen Schloss und Burgbüel) hatten kreisrunde Eingänge und gingen senkrecht in die Tiefe; nach der Sage sollen die Heckenritter ihre Opfer dort hinunter gelassen haben. An der Stelle stand einst die im alten Zürichkrieg zerstörte Burg Steg.
Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.