Der hl. Vater Gallus zog hochbetagt noch einmal hin, von wo er ausgegangen, um eine Stätte christlichen Glanzes durch sein Wirken zu festigen. In Arbor felix bestieg er zum letzten Mal die Kanzel, um von ihr herab den Untergang alles Irdischen tiefergreifend den Versammelten zu schildern; dann schied er selbst, der starke Kämpfer, der greise Held; er schied für immer von Erdenlust und Erdenpein, "Der Meister ist nicht mehr", so klagten jammernd die Brüder in St. Gallens Klosterzellen. Seinen Leichnam abzuholen, eilten sie den vielgewundenen Pfad hinab, der sie über Rotmonten und weiterhin führte in einer hohlen Gasse bis an den Seestrand. Von Arbon her zog zu gleicher Stunde ein Leichenzug ihnen entgegen bis Berg, nach "Howenbühl" [Hohenbühl] und dann bei Gommiswil vorbei. Noch eine kurze Strecke, und der Trauerzug traf zusammen mit St. Gallens Ordensbrüdern. An selber Stell ward ein Kreuz emporgerichtet zum ewigen Gedenken, und dieses Kreuz steht noch, wenn wohl schon oft erneut; es ist das Kreuz zu Höfen. In des Kreuzes Nähe stand bald ein "fründlich Hus", und klüglich sinnend, sorgend, gewannen "sin Inwohner" Land und Gut umher zu freiem, eigenem Besitz. Sie nannten sich "von Hofen." Ihr Geschlecht ist ausgestorben, doch ihre Güter tragen ihn noch heute und wohl für immerdar. Doch nicht ein Kreuz allein sollte den Ort bezeichnen; die Brüder beschlossen nach kurzer Frist, daß eine Kapelle, schlicht, doch ihres Zweckes würdig, an passender Stelle dem Gedenken ihres Meisters geweiht sein solle. Und sie wurde erbaut auf ebenem Plan. Dort stand sie, bis sie altersschwach und morsch auch stürzen mußte. Wo sie dereinst gestanden, da findet sich beim Weiler Kappel heute noch ein Bildstock.
Durch L. Jäger
Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr.11, S. 9
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.