Beim Beginne der Heu- und Emd-Ernte vernimmt man nicht selten Abends spät in einigen Weilern oder Höfen des Puschlaver- Tales »dängeln« (Sensen schärfen).
Niemand weiss genau Ort und Stelle anzugeben, wo der Ton herkommt, denn, wo immer man ihn auch suchet, hört man ihn in einem andern Hofe. Über den Grund dieses nächtlichen Dängelns herrscht im Volke die Meinung, dass diejenigen Bauern, welche aus Geiz und »Strenge« ihre Sensen an Sonn- und Feiertagen dängelten, nach ihrem Tode dieses Geschäft bei Nachtzeit verrichten müssen.
Ähnliches hört man hie und da im Spätsommer, wenn die Bauern ihr Korn zu reinigen pflegen. Ohne zu wissen woher der Ton dringt, vernimmt man deutlich tic, tic, tic (das Klappern der Quartane, aus welcher das Korn auf das Tuch ausgereinigt wird.) Nun behaupten Viele, dass dieses Klirren und Klappern von Verstorbenen herrühre, die dazu verdammt seien, diese Beschäftigung des Kornreinigens auch nach dem Tode zu treiben, weil sie bei Lebzeiten an Feiertagen das Korn gereinigt haben. -
(In Puschlav reiniget man vielerorts heutzutage noch das Korn auf eigentümliche Weise: Man trägt das zu reinigende Korn auf einen Hügel oder an einen Ort, wo der Wind stark zieht; dort breitet man Tücher auf dem Boden aus, füllt ein Kornmaass [bisher die Quartane] mit Getreide, und lässt dieses Letztere langsam auf das Tuch herab »rinnen«. Der Zugwind nimmt die Spreue fort, und das gereinigte Korn fällt auf das Tuch. – Indem nun, nach italienischer Art, die Kornmaasse mit losen Ringen von Eisen behängt und verziert sind, verursachen Dieselben durch Anschlagen mit einem Stabe beim Reinigen des Kornes ein eigentümliches tic, tic, tic, das weithin gehört wird.
Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.