Wenn die Kinder um sein ehemaliges Haus herumtollen, sich in übermütigem Spiel ergötzen, dann hält es ihn in seiner Grabesruhe nicht mehr, dann muss er heraus und sich an dem blühenden Leben grämen und ärgern. Die Kinder kennen den Soldaten mit dem breiten weissen Kreuz über der Brust, den leinenen Hosen, dem grauen Hütchen und dem lustigen Zöpfchen schon lange und fürchten sich nicht mehr vor ihm, obwohl er ihnen manchmal eine Handvoll Kieselsteine anwirft. Nur der Hund fletscht ihm noch immer die Zähne, wenn er ihn hinterm Haus hervorkommen und in den Keller hinuntergehen sieht. Man hat auch schon seine Verfolgung ausgenommen, aber noch jedem blieb es unerklärlich, wie der Mann durch die festverriegelte Kellertüre spurlos verschwinden konnte.
Man weiss ganz gut, wer er ist und was ihn aus seinem Grabe hinaustreibt. Als er aus napoleonischem Dienste zurückkam, fand man einstmals einen Mann erschlagen in seinem Blute. Der Verdacht, ihn ermordet zu haben, fiel sogleich auf ihn. Man stellte ihn vor das Gericht, man liess ihn den Eid schwören. Mit erhobener Hand schwor er bei Gott und allem, was ihm heilig sei, von nichts zu wissen.
Gott abgeschworen - alles verloren! In alle Ewigkeit muss er wiederkommen - in Menschengestalt, weil er einmal den Meineid tat. Hätte er dreimal abgeschworen, so müsste er in Tiergestalt umherwandeln.
Aus: Hedwig Correvon, Gespenstergeschichten aus Bern, Langnau 1919
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch