Der Kaiser liess einst, als er von den Heiden bedrängt war, die Leute zu Hasli im Weissland und in der Herrschaft Brienz, die zum Reich gehörten, zum Zuzug mahnen. Da schickten sie ihm von beiden Seiten einen tüchtigen Kriegsharst. Der Kaiser liess sie mit guten Hellebarden ausrüsten. Zuletzt befahl er seinem Zeugmeister, ihnen zum Tross einen Esel zu geben. In der Schlacht gegen die Türken stellten die Oberländer ihren Mann. Der Kaiser wollte sie darum nach beendigtem Feldzuge auch nicht unbeschenkt von sich lassen. Als sie ihm aber die Wünsche äussern sollten, wussten sie nicht Rats und hätten vielleicht in ihrer Bescheidenheit unbeschenkt in die Heimat ziehen müssen. Da meldete sich der Esel hinter ihrem Rücken zu Wort. «Richtig, da haben wir's,» sagten die Mannen. «Wenn wir um etwas bitten dürfen, so ist's um den Esel.» Gerne ward dieser ihnen überlassen und sie zogen fröhlich den Bergen der Heimat zu. Unterwegs aber erhob sich unter ihnen ein Streit, welcher von beiden Parteien nun der Esel gehören solle. Die Hasler beanspruchten diesen für sich, weil sie dem Kaiser mehr Mann gestellt hatten. Die Brienzer aber wollten ihn durch grössere Tapferkeit verdient haben. Daheim aber machten die Hasler kurzen Prozess. Sie nahmen als die stärkeren den Esel einfach an sich und die Brienzer kamen leer über den Brünig in die Heimat. Darüber entstand ein grosses Geschrei. Man sandte einen Boten an die kaiserliche Pfalz, um über die Ungebühr der Nachbarn Beschwerde zu führen. Der Kaiser aber, der ein sehr kluger Mann war, war des Rats nicht verlegen. Er liess ein Stück Fahnentuch vor sich bringen und darauf einen Esel malen. «So habt auch ihr Leute von Brienz einen Esel,» sprach er, indem er dem Boten das neue Panner übergab. Seither haben die Brienzer den Esel im Wappen.
Aus: P. Keckeis, M. Waibel, Sagen der Schweiz. Bern, Zürich 1986.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch