Auf der Alp Niederbauen bei Emmetten sind die Höllenlöcher, zwei tief in den Berg hinein sich verlierende Schlünde, die bis in die Unterwelt hinabreichen sollen. Gar zu gerne hätte man gewusst, was die Untiefe berge. Darum wurde einem zum Tode Verurteilten der Vorschlag gemacht, wenn er herabsteige und Bericht aus dem geheimnisvollen Schosse bringe, sei er der Strafe ledig. Der Übeltäter bestand das Wagnis; an einem Seile glitt er weit hinunter, bis endlich ein grosses weites Feld vor ihm lag. Lange durchwanderte er die Aue, ohne Wohnung und Nahrung zu finden, also, dass er seine Schuhe völlig aufass bis auf die Sohlen. Endlich erspähte er ein Haus und betrat es. Schau! — an einem Tische sassen drei schlafende Männer. Einer von ihnen hob das Haupt empor und fragte den Ankömmling: „Welche Zeit zählt man jetzt?" Dieser sagte es ihm. Hierauf führte der Unterirdische den Missetäter an ein Fenster hin und sprach: „Siehst du dort jene Leute?" Dieser bejahte. Er sah eine grosse Schar Soldaten, die alle am Bauch mit kreuzweis unter die Stirne gebreiteten Armen auf dem Boden lagen. Sie trugen Unterwaldner Landestracht und Farbe. Jetzt richtete der Unterirdische eine verhängnisvolle Frage an denjenigen der Oberwelt, sie lautete einfach: „Kennst du welche von diesen Kriegern?" „Nein" war die Antwort, worauf entgegnet ward: „So werden wir hier zu verbleiben haben bis 1800 und nu meh, nu meh! Alsdann werden wir zuerst beim roten Turm,Kt. Schwyz, sichtbar werden, mit dem Feinde kämpfen und ihn drängen bis Emmenfeld bei Luzern, von da gegen den Hauenstein bis auf St. Jakobsplatz. Und hiemit werden wir die Freiheit bringen.
Aus: Franz Niederberger Sagen und Gebräuche aus Unterwalden, Sarnen 1924. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch